Kirchen
Die Kirchen waren in Crailsheim die einzigen Institutionen, die den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden hatten. Sie gaben in dieser schweren Zeit vielen Menschen geistlich-moralischen Halt und auch materielle Hilfe.
In Crailsheim blieben die beiden großen Kirchen, die evangelische Johanneskirche und die katholische St. Bonifatius Kirche
zumindest vom Niederbrennen verschont, auch wenn z.T. beträchtlicher Schaden eingetreten war. In einem Bericht von Margarete Zeuner und Ruth Schneider (7) heißt es:
„Die Johanneskirche blieb zwar erhalten, jedoch wurde sie durch Bombensplitter, Einschüsse und die gewaltigen Luftdruckwellen stark in Mitleidenschaft gezogen und wies beachtliche Schäden auf. Mühsam
wurde durch Gemeindemitglieder versucht, erste Reparaturen auszuführen. Um die Orgel vor weiteren Schäden zu schützen, wurde zuerst das darüber liegende Dach von Kirchenpfleger Georg Leiberich,
Gemeindediakonin Ruth Schneider, Frau Dr. Elise Walter und Frau Luise Frank gedeckt.
Da viele Fenster vor allem im Chorraum durch den Luftdruck der Detonationen zerstört wurden, war auch das Gehäuse des Hochaltars umgestürzt. Dieses wurde von
Kirchenpfleger Leiberich wieder aufgerichtet. Er stellte auch das aus der zerstörten Liebfrauenkapelle gerettete Altarkreuz auf den Altartisch.“
Das kleine Wunder, daß in der Liebfrauenkapelle neben dem Rathaus der Altar mit dem Kruzifix unbeschädigt blieb und das geborgen werden konnte, hat viele Crailsheimer nachdenklich und dankbar
gemacht. Oft wurde später erwähnt, daß der neben der Chorecke wunderschön auch aus verkohlten Zweigen blühende Traubenkirchenbaum
als ein Hoffnungszeichen für die Menschen in Crailsheim gesehen wurde.
Der erste Gottesdienst nach der Besetzung fand am 29. April 1945 in der Johanneskirche statt, die keine Fenster mehr hatte und deren Dach nur ungenügend vor Regen schützte. Schwester Margarete Zeuner
erinnert sich, daß der Singkreis den Choral „Wenn wir in höchsten Nöten sein“ sang. Er drückt so sehr die Stimmung der Zeit aus:
Wenn wir in höchsten Nöten sein so ist dies unser Trost allein,
und wissen nicht, wo aus noch ein, daß wir zusammen insgemein
und finden weder Hilf noch Rat, dich anrufen, o treuer Gott,
ob wir gleich sorgen früh und spat, um Rettung aus der Angst und Not.
Die Militärregierung respektierte die Kirchen. In ihren "Weekly Reports" werden sie selten erwähnt. Am 28.6.1945 wird jedoch mitgeteilt, daß Kindergärten für die 3- bis 6jährigen zugelassen werden
und die Kirchen sie betreuen.
Der Entnazifizierung unterlagen auch die Kirchen. Ihre Amtsträger mußten Fragebogen ausfüllen. Im Kreis gab es nur einen Fall, bei dem die Amerikaner dem evangelischen Dekanat nahelegten, einen Pfarrer zu entlassen.
Mehrmals wird in den "Weekly Reports" der amerikanischen Militärregierung in Crailsheim hervorgehoben, daß sich die katholischen und protestantischen Pfarrer kooperativ verhalten und daß sie sich nur um seelsorgerische Belange kümmern.
Auch im Crailsheimer Amtsblatt des Jahres 1945 gibt es kaum Hinweise auf die
Kirchenarbeit. Im Amtsblatt erscheinen nur - und das erst ab Anfang August 1945 – die hauptsächlichen Gottesdiensttermine beider Kirchen. Sie waren damals:
Evangelische Kirche: Sonntag 7:30 Uhr Predigtgottesdienst
9.30 Uhr Predigtgottesdienst
10:30 Uhr Kinderkirche
13:30 Uhr Christenlehre (jeden 2. Sonntag)
Dienstag 14:00 Uhr Frauen- und Mütterstunde
Mittwoch 19:30 Uhr Bibelstunde
Donnerstag 7:30 Uhr Morgenwache der Jugend
Katholische Kirche: Sonntag 7:15 Uhr Frühmesse mit Predigt
9:15 Uhr Hauptgottesdienst mit Predigt
13:30 Uhr Christenlehre
14:00 Uhr Andacht