Liebfrauenkapelle 1945/46
Als eines der letzten Gebäude der Stadt wurde am Morgen des
21. April 1945 die Liebfrauenkapelle von den Flammen ergriffen und
wurde deren Raub. Der Anblick ihrer Ruine war eines der
schmerzlichsten Bilder im Antlitz der geschändeten Stadt.
Aber als die ersten Rückwanderer in die zerstörte Heimat kamen
und durch die verschütteten Gassen gingen, wurde ihr Blick gefangen von der Kapelle.
In den leeren Höhlen der Türen und Fenster woben noch die Rauchschwaden der schwelenden Glut, und wenn der Wind und der Regen sie hie und da zerriss, dann
gewahrten sie durch die Rauchfahnen hindurch das Kreuz des Altars, das die Flammen nicht gefressen hatten, das, nur von ihnen beleckt, auf seinem alten
Platz stand. In ihre hoffnungslose und trostlose Seele fiel damit der erste Strahl neuer Hoffnung.
Als nach einem langen Jahr schweren Leides, großer Sorge und bitterer Entbehrungen der Frühling des Jahres1946 seinen Einzug in die fast noch unberührte
Ruinenstadt hielt, da begann, von niemandem erwartet, derWildkirschenbaum, der mit schweren Brandwunden bedeckt an ihrem Chore steht, erneut zu blühen. ...
Quelle: Wilhelm Frank „Die Tage der Zerstörung Crailsheims“ in
Martin Dienel „Wo Kocher, Jagst und Tauber fließen“, 1963