Arbeitseinsätze zur Enttrümmerung
Die Amerikaner hatten die Durchgangsstraßen, die sie für Ihre Truppenbewegungen brauchten, mit Straßenräummaschinen passierbar
gemacht. In weiten Teilen der Innenstadt gab es aber keine
befahrbaren Straßen mehr. Es entstanden nur Trampelpfade durch die Trümmer. Die Stadtverwaltung organisierte Enttrümmerungsaktionen ab dem Sommer 1945.
Schüler:
Die Schüler der damals so bezeichneten 3. bis 7. Klasse der Oberschule und die Schüler der 4. Klasse der Hauptschule (ab 14 Jahren) leisteten zwischen dem 23. August und 14. September 1945 einen
zwangsweisen Arbeitseinsatz zur Enttrümmerung. Die
Arbeitszeit dauerte von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. Schaufeln oder Pickel mussten mitgebracht werden. Lehrer führten die Aufsicht. Es hieß zwar, dass die Arbeit bezahlt würde. Das war aber nicht der Fall.
Wer sich von den Oberschülern nicht beteiligt - so der
nochmalige Aufruf des Bürgermeisters am 25.8.1945 - würde nicht mehr in die Oberschule aufgenommen.
(Der Autor arbeitete am Dammweg zum Herrensteg und in der
Langen Straße. Darunter war auch die Enttrümmerung des Erdgeschosses des
Rathauses.)
Ehemalige Parteigenossen: Dieser Zwangseinsatz erfolgte auf Anweisung der Militärregierung an einem Tag pro Woche. Erfasst waren 325 Parteigenossen. Alle ehemaligen PGs gleichzeitig einzusetzen, war nicht möglich so dass der Arbeitseinsatz tageweise in kleineren Gruppen - ausgewählt in alphabetischer Reihenfolge - durchgeführt wurde. Der Einsatz lag bei dem Aufseher der städtischen Arbeiter, Herrn Jarwitz. Der Leiter des Einwohnermeldeamtes, Herr Barthel, schickte die Listen derjenigen, die ihrer Arbeitspflicht nachgekommen waren oder nicht, jeweils an die Militärregierung.
Es gab zahlreiche Freistellungen durch ärztliche Zeugnisse oder durch Tätigkeiten in wichtigen Betrieben, etwa der Reichsbahn oder in Landwirtschaft, Handwerk und Verwaltung. Die Größe der Arbeitsgruppen der ehemaligen Parteigenossen lag täglich zwischen zehn bis 20 Personen, manchmal auch darunter. Die Arbeitsleistung der Beamten, Fabrikanten, Handwerker, Gastwirte und Geschäftsleute etc. galt nicht als sehr produktiv.
Freiwilliger Arbeitseinsatz: Er wurde durch Aufrufe des Bürgermeisters jeweils sonntags am 30. September, 14. Oktober, 4. November, 18. November und 1945 letztmals am Sonnabend, den 15. Dezember 1945 festgelegt.
Anfangs wurde ganztägig von 7:30 bis 11:30 Uhr und 13.30 bis
17 Uhr gearbeitet. Ab 18. November erfolgte der Einsatz nur noch von 7:30 bis 13 Uhr. Arbeitsgerät musste mitgebracht werden. Die Bürgermeister der umliegenden Ortschaften des Kreises mussten je sechs Gespanne stellen. Ein großer Teil
des Schutts wurde in den alten Steinbruch hinter dem
Sportplatz unterhalb de Kreckelbergs und an die Böschungen
des Weges am Sportplatz vorbei hoch zum Kreckelberg geschüttet.
(Der Autor leistete im Rahmen dieser Enttrümmerungsaktion hier seine Arbeit.)
Freiwilligkeit war nicht ganz gegeben. Von ehemaligen Parteigenossen und Hitlerjungen wurde erwartet, dass sie teilnehmen. Ebenso wiesen Stadtverwaltung, Reichspost und Reichsbahn ihre Mitarbeiter darauf hin, dass man diese Arbeitsleistung erwarte. Das galt auch für die Lehrlinge des Bahnbetriebswerks. Zur Erfassung mussten sich die Helfer jeweils ein paar Tage vorher auf dem Bürgermeisteramt registrieren lassen.
Jedenfalls waren die wichtigen Straßen und Gehwege der Stadt noch im Dezember 1945 von den Crailsheimern wieder trümmerfrei geschaufelt.
Aus der ersten Enttrümmerungszeit ist noch festzuhalten:
Konditormeister und Heimatforscher Wilhelm Frank - aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt - übernahm von sich aus die Verantwortung für die Bewahrung der geretteten geschichtsträchtigen Gegenstände aus den
Trümmern. Er rief im November 1945 die Crailsheimer auf,
erhaltene Wappenschilder und alte Geschäftszeichen an
Gebäuden sowie Bilder aus der Zeit vor der Zerstörung für das
neuaufzubauende Heimatmuseum zur Verfügung zu stellen.