Die Fayencefabrik Crailsheim
Auszug aus dem Kapitel Fayencenfabrik in „Wilhelm Schneider:
Die Wirtschaftsgeschichte der Stadt Crailsheim“,
Weltin-Verlag, Crailsheim/Kirchberg, 1990.
Aus der Hafnerwerkstätte der Familie Weiß in Crailsheim entwickelte sich am Anfang des 18. Jahrhunderts eine bedeutende
Fayencefabrik. Die weitbekannte Crailsheimer Fayencefabrik befand sich in der Wilhelmstraße. Dem Stammvater Hans Balthasar Weiß folgten Georg Veit Weiß I., Johann Georg Weiß II. und Johann
Friedrich Schäffer. Die Gründung der Crailsheimer Fayencefabrik erfolgte im Jahr 1710 durch Georg Veit Weiß I. Sein Vater Hans Balthasar Weiß hat wohl schon vor 1700 verschiedene Geschirrwaren,
sogenannte Irdenware, mit leicht mangangefärbter Bleiglasur hergestellt. Es waren einfache Fayencen, sogenannte Braunporzellane. Hans Balthasar Weiß muss ein überaus tüchtiger und vorausschauender
Hafnermeister, gewesen sein, denn zur Fabrikation von besonderen Keramiken hatte er eigene Model verwendet.
Georg Veit Weiß übernahm 1708 die Hafnerwerkstätte seines Vaters. Im folgenden Jahr errichtete er im früheren
Salpeterhaus an der Jagst einen weiteren Brennofen, außerdem eine Erdenwäsche und eine Glasurmühle. Für seine weitere Entwicklung war es von großem Vorteil, dass er auswärtige Dreher, Modelleure,
Glasurarbeiter und Fayencemaler einstellte, die neue Glasuren, technische Neuerungen, künstlerische Malereien und Verbesserungen mitbrachten und einführten. Der Inhaber vergrößerte seine
Fayencefabrik und steigerte durch Tatkraft und Energie die Produktion von Fayencen. Zur Ausführung weiterer Aufträge errichtete er 1726 eine Farbwerkstätte. Besondere Absatzgebiete waren das
naheliegende Bayern, die Reichsstädte, Schwaben, Baden, Schweiz, Hannover und die östereichischen Länder. Nach einem erfolgreichen Arbeitsleben starb Fayencefabrikant Georg Veit Weiß, Ratsmitglied
und Gründer der Fayencefabrik Crailsheim im Jahre 1769.
Nach dem Tode von Georg Veit Weiß, Fayencefabrikant, übernahm sein unternehmungslustiger Sohn Johann Georg Weiß II. die Fayencefabrik und fabrizierte hervorragende und formvollendete Fayencen. Er stellte weitere Spezialarbeiter und Fayencekünstler ein, welche teils in der Porzellanfabrik Meißen gearbeitet hatten. In der Fabrik arbeiteten 21 Fayencearbeiter. Durch die neuen künstlerischen Darstellungen auf den Crailsheimer Fayencen erlangte die Fabrik einen weiten Ruf und großes Ansehen. Der Wert der Jahresproduktion betrug 4350 Gulden, wovon 4000 Gulden auf die Ausfuhr kamen. Seine fabrizierten Fayenceteller mit lustigen Sprüchen und die bemalten Walzenkrüge mit Zinndeckeln hatten bei der bürgerlichen und ländlichen Bevölkerung großen Anklang und Absatz gefunden. Bis zu seinem Tode im Jahr 1800 stand die Fayencefabrik finanziell, technisch und künstlerisch auf hoher Stufe. Im Alter von 62 Jahren, am 14. Juli 1800, starb plötzlich Fayencefabrikant Georg Weiß II. in Crailsheim.
Seine Witwe Karoline Weiß, geborene Wibbekind, verheiratete sich mit Joh. Friedrich Schäffer, Kommerzien-Commissär. Für
die Fayenceherstellung hatte er keine Fachkenntnisse mitgebracht, was sich nachteilig auf die Fabrikation, Mitarbeiter und auch für den Absatz von Fayencen auswirkte. Die Fabrik fabrizierte nur noch
einfache Gebrauchswaren. Nachdem die Fabrik keinen großen Absatz mehr hatte, sah sich der Besitzer gezwungen, seine Liegenschaften zu verkaufen. In der letzten Zeit wurden die noch vorhandenen
Fayencen an Liebhaber verkauft. Am 25. April 1827 starb Johann Friedrich Schäffer, der letzte Fayencefabrikant.
Die jahrzehntelang in hoher Blüte gestandene Crailsheimer Fayencefabrik erlosch im Jahr 1830.